Die arbeitsvertraglich vereinbarte auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses eines Piloten für den Fall einer Feststellung und Bekanntgabe der Fluguntauglichkeit bezieht sich – wie in branchenüblichen Tarifverträgen – auf die entsprechende Feststellung durch die luftfahrtrechtlich zuständigen flugmedizinischen Zentren und deren Bekanntgabe, nicht aber auf sonstige ärztliche Mitteilungen.
Unterlässt der Arbeitgeber die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM), trägt er eine erweiterte Darlegungslast dafür, dass im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz nicht bestanden haben.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung oder aufgrund einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung endete. Der Kläger war bei der Beklagten, einer Fluggesellschaft, als Flugkapitän beschäftigt. Der Arbeitsvertrag regelte neben einer Versetzungsmöglichkeit auf zumutbare Tätigkeiten und der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung nach den gesetzlichen Vorschriften, eine auflösende Bedingung für den Fall, dass der Mitarbeiter seine Fluglizenz verliert oder wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Nachdem der Kläger im Jahr 2009 für einen Monat arbeitsunfähig erkrankt war, fehlte er ab Mitte 2010 dauerhaft aufgrund einer aerotoxischen Erkrankung. Wegen einer medikamentösen Behandlung bescheinigte ein medizinisches Zentrum die Arbeitsunfähigkeit. Ende 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Arbeitsverhältnis ende aufgrund der auflösenden Bedingung der Fluguntauglichkeit. Die Beklagte kündigte hilfsweise aus personenbedingten Gründen.
Das ArbG wies die Klage ab, das LAG gab der Klage statt.
Entscheidung
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Nach Ansicht des BAG, sei die auflösende Bedingung nicht eingetreten. Nach den vertraglichen Bestimmungen sei intendiert, dass die auflösende Bedingung nicht lediglich das objektive Vorliegen der Fluguntauglichkeit, sondern darüber hinaus auch die tatsächliche Feststellung und Bekanntgabe durch ein anerkanntes flugmedizinisches Zentrum erfordere. Hierfür spreche zum einen die damals geltende Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (nunmehr Anhang IV der Verordnung 1178/2011/EU), zum anderen die Regelungen in Tarifverträgen anderer Fluggesellschaften, welche explizit die Feststellung der Fluguntauglichkeit durch entsprechende Stellen als Voraussetzung benennen. Eine solche Feststellung liege nicht vor.
Die vorsorglich erklärte ordentliche personenbedingte Kündigung habe das Arbeitsverhältnis ebenfalls nicht beendet, da die Beklagte nicht dargetan habe, dass es keine milderen Mittel zur Vermeidung künftiger Fehlzeiten gebe. Die Beklagte treffe in Bezug auf das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit eine erweiterte Darlegungs- und Beweislast. Da sie das bEM trotz Verpflichtung (§ ) unterlassen habe, müssen sie dessen Entbehrlichkeit und das Fehlen von Beschäftigungsmöglichkeiten auf anderen (leidensgerechten) Arbeitsplätzen darlegen. 167 II SGB IX
Insoweit ist zu beachten, dass das BAG in seiner Entscheidung auf den Wortlaut der entsprechenden Vertragsklausel zur auflösenden Bedingung abstellt, welcher zunächst aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Dabei greift der Senat zur Auslegung der Bestimmung auf branchenübliche Tarifverträge anderer Fluggesellschaften zurück und schließt auf den Willen der Parteien bei Vertragsschluss.
BAG, Urteil vom 21.11.2018 – 7 AZR 394/17
(Quelle: Beck online)